Bernd-Ulrich MEYBURG, Kai GRASZYNSKI, Torsten LANGGEMACH,
Paul SÖMMER & Ugis BERGMANIS
Publiziert in englischer Sprache in: Slovak Raptor Journal 2: 53-72 (2008)
ZUSAMMENFASSUNG
Der Schreiadler gehört zu den Arten mit obligatem Kainismus, d.h. nur sehr selten fliegen zwei Jungadler natürlicherweise aus einem Horst aus, obwohl sehr häufig zwei Küken schlüpfen. Der Brutbestand in Deutschland befindet sich am westlichen Rand des Verbreitungsgebietes und ist rückläufig. Zwischen 1993 und 2007 wurde ein Rückgang um 23% festgestellt. Mit dem lokalen Aussterben ist zu rechnen. Daher wurde seit 2004 Jungvogelmanagement im Bundesland Brandenburg als zusätzliche Schutzmassnahme durchgeführt, um durch menschliche Intervention den Tod der zweitgeschlüpften jungen Schreiadler (Abels) zu verhindern, in Ergänzung zu anderen Methoden, wie z. B. Horstschutz, Habitatschutz, gesetzlichen Regelungen usw. Zusätzlich wurden 2007 erstmals auch Abels aus Lettland in deutsche Horste eingesetzt. Die gemanagten Brutpaare, deren Horste bestiegen wurden, waren durchschnittlich erfolgreicher als die ungemanagten Paare, deren Nester nicht bestiegen wurden. Der Bruterfolg der in Brandenburg anwesenden Paare einschließlich der Nichtbrüter wurde 2007 um 57 % dank des Jungvogelmanagements gesteigert. Bei den gemanagten Paaren gab es eine Steigerung um 67 %. Ein negativer Einfluss auf den Bruterfolg konnte durch die Horstbesteigungen nicht festgestellt werden. Das Verhalten von sechs Jungadlern wurde 2007 mit Hilfe der Satelliten-Telemetrie untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Abels genau so gut wie die erstgeschlüpften Jungvögel (Kains) zogen und genauso überlebensfähig sind. Die von Lettland nach Deutschland translozierten Jungadler zogen in zwei von drei Fällen auf derselben Route wie deutsche Schreiadler zum Bosphorus. Ein in Deutschland ausgeflogener lettischer Abel konnte bis Sambia telemetriert werden, wo viele Schreiadler überwintern. Ein deutscher Abel überwinterte über sechs Monate lang nördlich des Äquators im Sudan und in angrenzenden Ländern und begann seinen Heimzug am 27. April 2008. |